Demokratie als Lebensform 2.0 – Theodor Heuss bildet Brücke zu aktuellen Themen

Politische Bildung & demokratische Werte werden für junge Menschen durch interaktive Formate erfahrbar
Museumsleiterin Susanne Blach im Gespräch über den ersten Bundespräsidenten, politische Bildung, interaktive Formate für Schülerinnen und Schüler und die Zukunft des Museums. 

ZaberBote: Frau Blach, das Theodor Heuss Museum der Stadt Brackenheim begeht dieses Jahr seinen 24. Jahrestag. Warum ist die Auseinandersetzung mit unserem ersten Bundespräsidenten heute noch aktuell?

Susanne Blach: Die derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen – aktuell denke ich hier auch an die Vorfälle, dass Sanitäter, Polizisten und Politiker verbal und tätlich angegriffen und verletzt werden – sowie ein deutlich zu spürendes Demokratieunverständnis, ja, bereits eine Demokratiefeindlichkeit, machen die Vermittlung von demokratischen Inhalten und Werten noch wichtiger. Dabei ist es von immenser Bedeutung, diese in der eigenen Lebenswirklichkeit zu erfahren. Theodor Heuss hat das in einer Rede einmal so gefasst: „Das ‚ohne mich’ aber ist die Zerstörung aller demokratischen Gesinnung, die im Wesenhaften auf dem ‚mit mir’, ‚mit dir’ ruht.” Es ist an der Zeit, diesen Zusammenhalt in den Mittelpunkt unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu rücken.

ZaberBote: Wie kann das Theodor Heuss Museum da aktiv werden?

Susanne Blach: In Zukunft möchten wir das Theodor Heuss Museum noch mehr als eine Stätte zur Vermittlung politischer Bildung positionieren – für verschiedene Besuchergruppen. Das sind nicht in erster Linie Fachleute, sondern weiterhin Touristen, Gruppen. Und hier wird der neue Schwerpunkt liegen, sie soll insbesondere für junge Leute interessant und zugänglich sein. Besonders in den Blick nehmen möchten wir Schulklassen aus dem gesamten Landkreis. 

ZaberBote: Gibt es bereits konkrete Ideen?

Susanne Blach: Eine neue Ausstellung soll wandelbar, dynamisch sein und Möglichkeiten für temporäre Inhalte wie Sonderausstellungen und Projektarbeit bieten. Eine Idee ist daher, Schulklassen eine dynamische Präsentationsfläche anzubieten. Inhalte könnten so im Rahmen des Unterrichts oder in Projekten erarbeitet und im Theodor Heuss Museum präsentiert werden. Dabei muss die technische und mediale Ausstattung auf der Höhe der Zeit sein, interaktive Formate sind das Schlagwort. Einen Schwerpunkt sehen wir im Grundgesetz, an dessen Entstehen Theodor Heuss vor 75 Jahren direkten und wesentlichen Anteil hatte. 

Unser Ziel wird dabei sein, die Dauerausstellung inhaltlich zu erweitern, ohne jedoch Theodor Heuss als beeindruckende Persönlichkeit aus dem Blick zu lassen. Theodor Heuss kann als „roter Faden“, als Brücke zu aktuellen Themen dienen, die über seine Biografie hinausgehen. 

ZaberBote: Das klingt nach einem interessanten Konzept. Wir sind gespannt auf die Umsetzung. Mit dem Neubau von „Deutsche Weinwelt“ und der Tourist-Information Neckar-Zaber mit neuer Platzgestaltung ändert sich zudem die ganze Museumsumgebung. Dieser Bereich der Obertorstraße gewinnt enorm an Attraktivität. Nun sind Sie fast von der Geburtsstunde des Museums mit dabei, werfen Sie doch auch mal einen kurzen Blick zurück.

Susanne Blach: Die Tradition des kommunalen Erinnerns an den ersten Bundespräsidenten und gebürtigen Brackenheimer Theodor Heuss reicht sogar mehr als doppelt so lange zurück. 

Das Theodor Heuss Museum hat seine Vorläuferin bereits in der 1968 eingeweihten Theodor-Heuss-Gedächtnisstätte, seit 56 Jahren hat Theodor Heuss somit „seinen“ Ort in Brackenheim. In der jetzigen Erscheinung ist es die dritte Ausstellung im historischen Obertorhaus. 2000 eröffnet, hat sie über 108 000 Besuchern Kenntnisse über Leben, Werk und Persönlichkeit von Bundespräsident Theodor Heuss im historischen Kontext vermittelt. 

Quellenbelegte Zitate von Theodor Heuss:

Die Demokratie ist anspruchsvoller an Wissen und Gewissen des Einzelnen; der Totalitarismus mag und wird, trivial gesprochen, unbequem für sehr viele sein, aber er ist denkbequem für alle.

Denn wenn die Verfassung nicht im Bewusstsein und in der Freude des Volkes selber mit lebendig ist, dann bleibt sie eine Machtgeschichte von Parteikämpfen, die wohl notwendig sind, aber nicht den inneren Sinn miterfüllen.

Bürgergefühl, Bürgerrechte – man hat in Weimar bewusst von Grundrechten und Grundpflichten gesprochen. Was wir brauchen, ist in der Auseinandersetzung dieses werdenden Bürgers ein lebendiges Würdegefühl gegenüber seinem Staat.

www.theodor-heuss-museum.de